Nebel Karriereberatung

Blog "CEO-Bewerbung"

Blog "CEO-Bewerbung"

Bewerbung auf Augenhöhe statt „sich gut verkaufen“

Es ist allgemeiner Glaube, dass ein Bewerber “sich gut verkaufen muss“. Im Umkehrschluss hieße das: Der Bewerber hat sich leider schlecht verkauft hat, wenn er den Job nicht bekommen hat. Angelehnt ist dieser Mythos an das „Vorbild“ des guten Produkt-Verkäufers, der ein dickes Fell haben und sich einiges in seinen Verkaufsgesprächen zumuten lassen muss, damit er sein Produkt an den Mann oder die Frau kriegt.

>> Gelten normale Marktgesetze am Arbeitsmarkt? Ja!

Diese Erwartung zeugt von fehlender Augenhöhe und führt letztlich zu respektlosem Verhalten. Und ist damit vollkommen kontraproduktiv, wenn ein Unternehmen einen fähigen, selbstbewussten Mitarbeiter, insbesondere eine zu respektierende Führungskraft sucht. Ein Grund für fehlende Augenhöhe auf der Arbeitgeberseite ist die mangelnde Einsicht, dass es sich auch beim Führungskräfte-Arbeitsmarkt um einen Markt mit ganz normalen, typischen Marktgesetzen handelt: niemand muss mit dem anderen kontrahieren! Angebot und Nachfrage sind vollkommen frei in ihren Entscheidungen. Daher sind Sie als Bewerber niemals auf ein einzelnes Unternehmen als Job-Anbieter angewiesen. Bei halbwegs systematischer Marktansprache können Sie immer unter verschiedenen Alternativen auswählen. Umgekehrt sind Sie nicht unverzichtbar. Außer Ihnen gibt es immer noch andere grundsätzlich auch geeignete Manager, die die Position ausfüllen könnten. Eine ganz normale Marktsituation, die gegenseitigen Respekt verlangt, um zu einer tragfähigen, längerfristigen Zusammenarbeit zu kommen.

>> Motivationsschreiben sind sinnlos!

Besonders „komisch“ wird es, wenn zu Beginn des Bewerbungsverfahrens vom Bewerber ein „Motivationsschreiben“ gefordert wird. Woher soll ein Manager vor dem ersten Gespräch wissen, ob er eine Vakanz überhaupt will? Und  warum sollte er sich selbst klein machen und vorab schriftlich begründen, warum er dort arbeiten will? Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie würden den Spieß umdrehen und vom suchenden Unternehmen verlangen: Bitte erläutern Sie mir schriftlich, warum ich bei Ihnen arbeiten sollte? Auf diese Idee käme niemand. Warum? Weil im Kopf verankert ist, dass der Arbeitgeber der Mächtige ist, der fast alles verlangen kann. Das ist aber nichts anderes als der Versuch, den „Bewerber“ in eine Bittsteller- und Antragsstellerposition zu bringen. Als Manager haben Sie viel zu bieten, und Unternehmer und Headhunter können sich freuen, wenn Sie grundsätzlich erwägen, für dieses Unternehmen zu arbeiten.

>> Wechselseitige Motivationsforschung ist sinnvoll!

Augenhöhe bedeutet, wechselseitig die Motivation zu erforschen. Denn natürlich ist es legitim, dass das Unternehmen Ihre Motivation, die Aufgabe gegebenenfalls zu übernehmen, kennen möchte – aber eben erst im persönlichen Gespräch, nachdem viele Fragen und Rahmenbedingungen gemeinsam bereits erörtert wurden. Das bedeutet, dass Sie Fragen wie „Warum glauben Sie, dass Sie der Richtige für diese Aufgabe sind?“ kurzerhand zurückweisen sollten, wenn sie zu Beginn der Gespräche gestellt werden: „Das weiß ich noch nicht, deshalb sitzen wir ja zusammen, um dies herauszufinden.“ Lassen Sie sich nicht in die Defensive drängen!

Wechselseitige Motivationsergründung heißt aber auch, dass Sie als potentiell neue Führungskraft dieses Arbeitgebers berechtigt sind, im persönlichen Gespräch die Motivation der Unternehmensvertreter zu ergründen. Sie sind hierzu nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, die richtige Entscheidung für Sie selbst und das Unternehmen zu treffen. Der Schaden einer Fehlbesetzung auf oberer Managementebene ist in aller Regel beachtlich. Dabei stehen meist der Zeitverlust und Imageschaden sowie die „Unruhe“ innerhalb der Führungsmannschaft des Unternehmens im Vordergrund, nicht so sehr die finanziellen Verluste, die mit einer Fehlbesetzung samt ihrer Korrektur einhergehen. Der persönliche Schaden, der einem C-Level-Manager zugefügt wird, der seine Entscheidung für das Unternehmen auf unzureichender, womöglich falscher Grundlage trifft, ist ebenfalls sehr hoch, vielleicht sogar existenzbedrohend, wenn die Zusammenarbeit kurzfristig aufgekündigt wird.

Bewerber mit Chuzpe fragen bisweilen den Unternehmensvertreter, der auf ihre Initiativbewerbung geantwortet hat: „Was hat Ihnen an meiner Bewerbung so gut gefallen, dass sie mich eingeladen haben?“ Das lässt sich grundsätzlich auch anwenden, wenn die Bewerbung aus einem Stapel herausgefischt wurde, der sich aufgrund einer offenen Ausschreibung auf dem Schreibtisch des Verantwortlichen aufgetürmt hat. Diese „Umkehrfrage“ demonstriert Augenhöhe par excellence.