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Blog "CEO-Bewerbung"

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Clevere Antworten im Bewerbungsgespräch – Teil 1

In meinem Xing ProJobs Webinar „Mit cleveren Antworten und klugen Fragen durchs Bewerbungsgespräch“ habe ich erklärt, dass es in einem Bewerbungsgespräch darauf ankommt, clever zu antworten, ruhig und souverän zu bleiben. Und dass es genauso auf die eigenen Fragen ankommt, vor allem um eine gute Entscheidungsbasis zu bekommen. Da es rund um das Bewerbungsgespräch viel zu berichten gibt, konnte ich nicht alle Fragen der Teilnehmenden innerhalb der Seminarzeit klären. In diesem Beitrag möchte ich auf einige offen gebliebene Fragen eingehen. Weitere Fragen beantworte ich in meinem nächsten Artikel.

>> Was ist mit grenzwertigen Fragen?

Zu den grenzwertigen Fragen gehören Fragen wie: „Wie werden Sie den Spagat zwischen Arbeit und Muttersein hinbekommen?“, „Kommen Sie aus einem akademischen Elternhaus?“, „Haben Sie Familienangehörige, die Sie pflegen müssen?“, „Haben Sie Allergien?“. Bevor Sie schnell eine Antwort auf solche Fragen geben, plädiere ich für kurzes Innehalten. Also einfach schweigen und nachdenken. Zum einen sorgt ein kurzes Schweigen dafür, dass Ihr Gegenüber vielleicht doch noch merkt, dass mit der Frage die Grenze des Anständigen überschritten ist. Schweige-Pausen machen nämlich unser Gegenüber unsicher. Und damit geben Sie etwas von der Unsicherheit „zurück“, die bei Ihnen gerade ausgelöst wurde.

Nach dieser Schweige-Pause würde ich empfehlen, statt einer Antwort eine Nachfrage zu stellen. In höflichem Tonfall natürlich: „Könnten Sie mir bitte sagen, inwiefern Ihre Frage und meine Antwort für diese Stelle wichtig ist?“ Lassen Sie sich erklären, was Ihr Gegenüber mit der Frage bezweckt. Will Ihr Gesprächspartner wirklich eine inhaltliche Antwort bekommen? Also tatsächlich wissen, ob Ihre Eltern Akademiker sind? Oder will er Sie nur unter Stress setzen? Ich finde, Sie haben ein Recht darauf, zu wissen, was aus der Antwort geschlussfolgert werden kann, welchen Zweck sie erfüllt.

Sie werden in den allermeisten Fällen nicht um die Antwort herumkommen. Nur in wenigen Fällen, wird der Fragestellende die Frage zurückziehen. Doch verbinden Sie Ihre Antwort auf grenzwertige Fragen in jedem Fall mit Ihrer Frage, was aus Ihrer Antwort jetzt resultiert. Was der Fragestellende daraus ableitet, kann Ihnen wichtige Hinweise auf die Kultur des Unternehmens und den vorherrschenden Führungsstil geben. Sie sehen: Auch grenzwertige Fragen können am Ende hilfreich für Sie sein. Weil Sie hierdurch Ihre Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen begründeter, rationaler treffen können

Und bei Fragen, die unterschwellig Ihre Arbeitsfähigkeit, Ihre Einsatzbereitschaft oder Ihre „Verfügbarkeit“ anzweifeln: Bleiben Sie selbstbewusst und eindeutig. „Ich hätte mich auf diese Stelle gar nicht beworben, wenn ich Berufstätigkeit und Familie nicht unter einen Hut bekommen würde.“ Oder „Seien Sie versichert: Ich werde mich, wenn ich die Stelle bekomme, mit viel Energie und Freude an die Arbeit machen“.

Falls Sie jedoch den Eindruck bekommen, dass diese Firma Sie mit „Haut und Haaren“ haben möchte, werden Sie skeptisch! Denn dann können Sie davon ausgehen, dass außer dem Job nichts mehr „unter den Hut passt“. Und den Job lieber ablehnen. Selbstverständlich sind einige Fragen schlicht weg verboten, z.B. die nach geplanter Schwangerschaft oder sexueller Orientierung. Ich deute solche Fragen, wenn sie trotz Verbot gestellt werden, als Zeichen einer sehr schlechten Firmenkultur. Und kann dann nur sagen: Finger weg!

>> Wie reagiert man, wenn man von oben herab behandelt wird, die Stelle aber unbedingt bekommen möchte?

Ich beginne mit einer Gegenfrage: Möchten Sie die nächsten zwei, drei oder mehr Jahr von oben herab behandelt werden? Denn ein Bewerbungsgespräch ist auch eine Kostprobe davon, wie in dem Unternehmen miteinander umgegangen wird, wie Mitarbeitende (nicht) wertgeschätzt und ob Gespräche mit Macht-Asymmetrie geführt werden. Meine Empfehlung lautet daher: am besten eine andere Stelle suchen! Insbesondere, wenn die überhebliche Gesprächspartnerin die zukünftige Chefin ist. Denn diese wird sich wohl auch nach der „Umwerbungs-Phase“ treu bleiben.

Sollte der überhebliche Gesprächspartner aus dem Personalbereich sein, also nicht der zukünftige Chef, könnte ein weiteres Gespräch mit dem Fachvorgesetzten helfen. Dann wäre die passende Reaktion: „Ich finde die Stelle sehr interessant. Und ich glaube, dass ich aufgrund meiner Erfahrungen gut auf die Stelle passe. Um die Inhalte und Herausforderungen noch besser zu verstehen, würde ich gerne ein weiteres Gespräch mit meinem potenziellen Vorgesetzen führen. Wäre das möglich?“ Und dann gilt es in diesem Fachvorgesetzten-Gespräch gezielt herauszufinden, ob dieser auf Augenhöhe agiert. Oder, ob das herablassende Verhalten typisch für das ganze Unternehmen sein dürfte.

>> Darf ich im Bewerbungsgespräch Vorschläge für Verbesserungen machen?

Ja, klar! Damit wird die fachliche Kompetenz untermauert. Was wiederum das Vertrauen schafft, dass der Bewerber oder die Bewerberin, der Aufgabe und Verantwortung gewachsen ist. Das ist meist dann gut möglich, wenn der Gesprächspartner aus dem Fachbereich – also nicht dem Personalbereich – kommt. Denn so entsteht ein Fachgespräch, bei dem es um Inhalte geht und ein Austausch auf Augenhöhe entsteht. Mit Vorschlägen für Verbesserungen senden Sie außerdem ein Signal, dass Sie sich in die Herausforderungen der Firma versetzen können. Und dass Sie lösungsorientiert sind.

Vorsicht ist dennoch geboten: Sie sollten solche Vorschläge ohne Besserwisserei vortragen. Denn Sie gehen mit unvollständiger Information, also Teilwissen über das Unternehmen in die Gespräche. Vermeiden Sie also „radikale“ Vorschläge, wie „Sie müssten Ihre Logistik komplett neu organisieren“ oder „Ihr Logo ist total veraltet“. Mal abgesehen davon, dass das die Unternehmensverantwortlichen brüskiert: Bei genauerem Nachfragen durch die Unternehmensvertreter kann es sehr ungemütlich werden. Denn die kennen ihre Strategie, Prozesse, Zielgruppen, etc. besser als jeder Bewerbende. Die faktenbasierte Diskussion wird in den seltensten Fällen zu Ihren Gunsten ausgehen. Und wenn, dann haben Sie zwar die Diskussion gewonnen, doch kaum Ihre Gesprächspartner für sich.

Ihr Vorschlag zur Verbesserung sollte damit beginnen, dass dieser unter unvollständiger Information entstanden ist. Also das Signal senden: Alles, was ich jetzt sage, resultiert auf Basis meines eingeschränkten Wissens. Und wenn Sie dann noch ergänzen: „Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich von falschen Annahmen ausgehe“, signalisieren Sie, dass Sie ein Gespräch auf Augenhöhe führen möchten.

>> Wie erklärt man einige sehr kurze Stellen, weil man mehrfach danebengegriffen hat?

Einfach mit der Wahrheit! „Ich weiß, dass es auf Sie nicht gut wirkt, dass ich mehrere kurze Stationen hatte. Und ich bin damit selbst nicht glücklich. Leider habe ich vorher nicht gut genug geprüft, ob die Stelle zu mir passt und ich zur Firma passe. Doch daraus habe ich gelernt. Und ich möchte dieses Gespräch mit Ihnen nutzen, um gut zu prüfen, ob es für beide Seiten passt. Daher werde ich Ihnen alle Fragen, offen beantworten. Und umgekehrt habe ich ein paar wichtige Fragen an Sie.“ Sollten Sie selbst nichts für die Kürze der Station können, ist auch das eine Erklärung wert. Zum Beispiel weil eine Firma verkauft, Abteilungen zusammengelegt oder eine ganze Führungsebene abgebaut wurde.

Nehmen Sie also ruhig vorweg, dass die kurzen Stationen ein „optischer Nachteil“ Ihres Lebenslaufes sind. Erklären Sie ehrlich, dass Sie Fehler bei der Auswahl gemacht haben. Oder dass es Gründe gab, die nicht in Ihrer Entscheidung lagen. Allerdings mit dem Hinweis, daraus gelernt zu haben. Und es jetzt besser machen zu wollen: zum Wohle beider Seiten! Das zeigt, dass Sie selbstkritisch sind, persönlich wachsen und Ihr Verhalten anpassen. Damit nutzen Sie den vermeintlichen Makel, um etwas über Ihre positive Entwicklung zu sagen. Das schafft Vertrauen!

Interesse an weiteren cleveren Antworten im Bewerbungsgespräch? Hier geht zu Teil 2.