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Blog "CEO-Bewerbung"

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Clevere Antworten im Bewerbungsgespräch – Teil 2

Dies ist der zweite Teil zu Fragstellungen aus meinem Xing ProJobs Webinar „Mit cleveren Antworten und klugen Fragen durchs Bewerbungsgespräch“. Innerhalb des Seminars gab es interessante Fragen, die ich in diesem Beitrag noch einmal schriftlich beantworte:

>> Wie geht man mit Fragen um, die man nicht beantworten kann bzw. möchte?

Fangen wir mit dem „nicht können“ an. Wenn Ihnen eine Frage gestellt wird, zu der Sie keine Antwort kennen, sollten Sie das so auch mitteilen. Bei einer fachlichen Frage wäre das beispielsweise: „Diesen konkreten Aspekt hatte ich in meiner bisherigen Laufbahn noch nicht. Da ich Ihnen eine verlässliche Antwort geben und nicht raten möchte, müsste ich mich dazu einarbeiten (oder einlesen). Kann ich Ihnen die Antwort in spätestens drei Tagen per Mail schicken?“ Oder kurz und knapp: „Dazu habe ich spontan keine Antwort, sondern müsste etwas länger überlegen. Könnten wir die Frage zurückstellen? Oder könnten Sie mir noch mehr Informationen geben?“ Seien Sie ehrlich, wenn Sie eine Antwort nicht kennen oder unsicher sind, ob die Antwort richtig bzw. passend ist. Niemand ist allwissend. Und die Aufregung im Gespräch tut ihr Übriges, dass unser Gehirn manchmal die Arbeit „verweigert“. 

Ich hatte einen Klienten, Diplom-Bauingenieur, der sich mit Kopfrechnen schwertat. Er wurde im Gespräch aufgefordert, eine Rechenaufgabe im Kopf zu lösen. Obwohl ihn das in Panik versetzte, konnte er gut reagieren: „Inwiefern ist Kopfrechnen für diese Stelle wichtig? Ich habe viele komplexe Bauprojekte konzipiert. Und weiß, dass es verlässlicher ist, die Berechnungen mit technischer Unterstützung zu machen. Kopfrechnen ist zu fehleranfällig.“ Der Firmenvertreter beharrte dennoch auf die Kopfrechenaufgabe. Das war für meinen Klienten das Signal, dass diese Firma kulturell nicht zu ihm passte. Und vermutlich hätte es auch nicht geholfen, wenn er gesagt hätte: „Ich kann nicht gut Kopfrechnen.“

Bei persönlichen Fragen, zum Beispiel nach Ihrer Bereitschaft zu einem Umzug oder einem Auslandseinsatz, könnten Sie antworten mit: „Das ist eine weitreichende Entscheidung, ich kann mir das grundsätzlich vorstellen, aber ich möchte das in Ruhe mit meiner Partnerin bzw. meinem Partner besprechen. Ich würde Ihnen die Antwort gerne morgen per Mail senden. Ist das für Sie in Ordnung?“. Verschaffen Sie sich mit solchen Antworten etwas Luft zum Nachdenken. Und damit die Möglichkeit, nach dem Gespräch – also ohne Blick in die Augen des Gegenübers – Ihre Antwort schriftlich zu formulieren. 

Das gilt insbesondere für Fragen, die Sie nicht beantworten möchten. Da ist es schriftlich in vielen Fällen leichter, das Nicht-Möchten zu formulieren. Gehen Sie allerdings davon aus, dass ein endgültiges Nicht-Beantworten gestellter Fragen Ihre Chancen verschlechtert. So unangenehm Ihnen manche Fragen sein mögen, die allermeisten werden Sie beantworten müssen. Ausgenommen natürlich die Fragen, die unzulässig sind. In Teil 1 meines Beitrags habe ich die Frage „Was ist mit grenzwertigen Fragen?“ beantwortet.

>> Wo endet Selbstbewusstsein, und wo beginnt Arroganz im Bewerbungsgespräch?

Immer dort, wo Sie Ihr Gegenüber brüskieren oder als „Besserwisser“ auftreten. Ein Bewerbungsgespräch hat den Zweck, herauszufinden, wie gut beide Seiten – also die Firma mit der konkreten Stelle und Sie mit Ihren Kompetenzen – zusammenpassen. Das ähnelt einem Date: zwei Menschen treffen sich und unterhalten sich mit dem Ziel, die gemeinsame Schnittmenge herauszufinden. Und zu dieser Schnittmenge gehören nicht nur Interessen, Vorstellungen und Erlebtes, sondern auch die „Chemie“, also das rein Menschliche. 

Nur wenn ein solches Gespräch mit gegenseitiger Achtung, Wertschätzung und auf Augenhöhe erfolgt, besteht eine Basis für ein dauerhaftes, vernünftiges Miteinander. Brüskieren oder Besserwisserei – auf beiden Seiten des Tischs – ist ein Zeichen für „Ich bin Dir überlegen!“ und damit das Gegenteil von Augenhöhe und Wertschätzung. Das gilt für Dates und Bewerbungsgespräche gleichermaßen.

In Teil 1 meines Beitrags gibt es die Antwort auf die Frage „Darf ich im Bewerbungsgespräch Vorschläge für Verbesserungen machen?“.

>> Wenn ich während des Gespräches bemerke, dass es in die falsche Richtung läuft, kann ich es dann noch „reparieren“?

Ja! Dabei ist es schon ein Gewinn, wenn Sie erkennen, dass es nicht gut läuft. Nur so können Sie überhaupt „korrigierend“ eingreifen. Ich empfehle, direkt und freundlich einen „Richtungswechsel“ anzusprechen. Das geht beispielweise so: „Ich habe das Gefühl, dass ich mich jetzt etwas verzettelt habe. Daher würde ich gern wieder auf die konkrete Stelle zurückkommen. Dazu habe ich noch eine Frage …“ oder „Durch das, was Sie gerade gesagt haben, merke ich, dass meine Antwort nicht ganz passend war. Ich würde das gern noch einmal aufgreifen.“ Ziel dieser Aussagen ist, an den Punkt zurückzugehen, wo aus Ihrer Sicht die falsche Richtung eingeschlagen wurde. Wenn Sie zu diesem Punkt zurückgehen, können Sie eine neue, die passendere Richtung wählen.

Das wird in vielen Fällen möglich sein, jedoch nicht in jedem. Wenn Sie beispielsweise auf die Frage, ist Ihnen Homeoffice wichtig, geantwortet haben: „Homeoffice ist mir sehr wichtig. Ich möchte mindestens ein bis zwei Tage im Homeoffice sein“, können Sie nicht an den Punkt der Frage zurückgehen und dann behaupten: „Homeoffice finde ich total unnötig!“. Gleiches gilt für die Frage nach dem Gehalt. Wenn Sie eine Zahl in den Raum stellen, die Sie sich als Bezahlung vorstellen, können Sie später nicht nachkarten und das Doppelte verlangen. Oder behaupten Sie kämen auch für fünfzig Prozent weniger, nur um den Job zu kriegen.

Seien Sie bei wichtigen Aspekten von Anfang an ehrlich. Wenn Homeoffice für Sie eine absolute Bedingung ist, dann sagen Sie das auch. Wenn die Firma kein Homeoffice bietet, dann passen Sie nicht zusammen. Wenn Sie nach Ihrem Gehaltswunsch gefragt werden, können Sie durchaus sagen, dass Sie erst einmal die konkrete Aufgabe und Verantwortung verstehen wollen, bevor Sie ihren „Preis“ nennen. Oder Sie nennen nur Ihr Grundgehalt. Dann können Sie später anbieten, für weniger Grundgehalt zu arbeiten, wenn Sie zusätzlich einen Bonus oder eine Leistungsprämie erreichen können. Damit vermeiden Sie die unangenehme Situation, dass Sie nach mehreren Gesprächen zu dem Schluss kommen, dass doch das Doppelte vom ursprünglich genannten Gehalt passender wäre.