Nebel Karriereberatung

Blog "CEO-Bewerbung"

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Der Glaubenssatz „Gute Manager lassen sich ansprechen!“ ist Karrierefalle Nummer eins

Das sagt Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität Marburg, im Interview mit dem Handelsblatt. Und: „Je seltener jemand ankommt und Ihnen sagt, wie Sie etwas zu machen haben, desto zufriedener sind Sie mit Ihrem Job.“ Genau das erleben wir tagtäglich in unserer Karriereberatung: Der häufigste Wechselgrund ist der zu geringe Gestaltungsspielraum! Oder umgekehrt formuliert: zu viele Vorgaben und zu große Kontrolle, also zu geringes Vertrauen.

>> Es passt nicht mehr!

Aus meiner Arbeit mit Führungskräften weiß ich, dass das „Es passt nicht mehr!“ einen hohen Anteil an den beruflichen Trennungen hat. Manager wollen nicht mehr einfach nur Businesspläne sowie die Wünsche von Aktionären, Firmeneignern oder CEOs erfüllen. Wenn ich frage: „Warum ist es zur Trennung von Ihrem Arbeitgeber gekommen?“ lautet in den meisten Fällen die Antwort: „Zwischen meinem Chef und mir hat es nicht mehr funktioniert. Da war zu wenig Vertrauen in meine Arbeit“. Oftmals ist dieser Chef, mit dem es nicht klappt, ein neuer Chef, der den alten, mit dem es gut lief, abgelöst hat. Die häufigste Antwort auf meine Frage: „Was ist für Sie in Zukunft am wichtigsten?“ lautet: „Ich will etwas bewegen und gestalten können. Und ich will Bedingungen vorfinden, die mich gestalten lassen“. Nun könnte man zu dem Schluss kommen, es gehe diesem „frustrierten“ Manager nur darum Karriere zu machen, um durch Aufstieg selbst Macht zu bekommen. Aber das ist es nicht (allein). Es geht neben größeren Gestaltungsmöglichkeiten für diese Manager in erster Linie um Vertrauen, um ein Unternehmensklima, das Veränderung will oder wenigstens erlaubt und allgemein von Wertschätzung geprägt ist, also auch um Anerkennung der für das Unternehmen erzielten Erfolge.

>> Auf zu neuen Ufern!

Ich erlebe seit der Corona-Krise immer mehr Führungskräfte, die mutig aus sicheren, langjährigen Arbeitsbeziehungen hinaus an den Arbeitsmarkt gehen, weil sie spüren, dass sie einen Teil von sich selbst verloren haben. Das allseits bekannte „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Das kostet zu viel Geld“ – obwohl es um existenzsichernde oder wachstumsfördernde Investitionen geht – lähmt die eigene Kreativität und raubt wertvolle Energie. Am Ende geht damit auch das Engagement gegen null. Schließlich kommt das Gefühl, die wirksamsten Eigenschaften und Kompetenzen über die Jahre zu verlieren. Ein Klient sagte mir vor Kurzem: „Als ich mich selbst sagen hörte: ,Das geht nicht, das haben wir schon immer so gemacht‘, bin ich erschrocken und wusste: Jetzt wird es Zeit, zu gehen“.

Übrigens plädiere ich dafür, sich aus dem Job heraus zu bewerben. Ich weiß, dass die unzufriedenen Manager das Leid und den Ärger beim aktuellen Arbeitgeber viel besser aushalten, wenn sie konsequent und aktiv an den Markt gehen – idealerweise mit einer Zielgruppenkurzbewerbung. Doch auch diejenigen, die ohne neuen Job gekündigt haben, finden mit der aktiven Vermarktungsstrategie eine neue passende Herausforderung.

>> Gehalt ist nicht so wichtig!

Laut der Studie von Professor Schröder macht mehr Gehalt ab 2200 Euro netto nicht zufriedener. Meine Klienten verdienen deutlich mehr und sind in der Regel mit ihrem Verdienst sehr zufrieden. Daher kommen die meisten auch nicht mit dem Ziel, ein höheres Gehalt zu realisieren. Neben dem Gestaltungsspielraum sind andere Kriterien viel wichtiger als ein höheres Gehalt. Zum Beispiel „Wieder die ganze Woche bei der Familie zu sein“, „Mehr für die Gesundheit tun zu können“, „Für ein nachhaltiges Produkt zu arbeiten“ oder „Nicht umziehen zu müssen“.

Professor Schröder betont zudem: „Außerdem gibt er [der Job] Menschen das Gefühl, gebraucht zu werden, und somit Anerkennung. Und er ist auch zu einem großen Anteil das, was uns mit sozialen Kontakten zusammenbringt. Und die sind für die Zufriedenheit generell enorm wichtig“.

>> Viel Arbeiten macht zufriedener!

Manager arbeiten normalerweise viel mehr als die „klassischen“ acht Stunden pro Tag. Für die allermeisten ist das normal und vollkommen okay. „Mir kommt es nicht auf zwei oder drei Stunden an, wenn ich Spaß an der Arbeit habe und mit meinem Team zu guten Ergebnissen komme“, ist eine typische Aussage meiner Klienten. Auch dies wird von der Statistik interessanterweise bestätigt: Eine längere Arbeitszeit geht oft mit mehr Zufriedenheit einher, besonders bei Vätern, die ihre Zufriedenheit häufig vor allem aus einem Vollzeitjob ziehen. Und auch beim Thema Urlaub ist die Statistik überraschend: Diejenigen, die sehr viel Urlaub nehmen, sind nicht zufriedener. Wer gar keinen Urlaub nimmt, ist zwar viel unzufriedener, aber ab zwei Wochen Urlaub im Jahr geht die Zufriedenheit nicht mehr merklich hoch.

>> Selbst aktiv werden!

Wer sich bei der Suche nach einer neuen beruflichen Aufgabe auf den offenen Stellenmarkt beschränkt, wird sehr viel Zeit und Geduld brauchen. Je älter und je höher in der Hierarchie, desto langwieriger die Suche! Und das frustriert und erhöht die Unzufriedenheit. Auf höheren Hierarchie-Leveln ist die Intransparenz des individuellen Marktes besonders hoch! Der sogenannte verdeckte Stellenmarkt wird auf mindestens 80 Prozent geschätzt, bei Führungspositionen noch höher. Das heißt, der bei weitem größte Teil aller aktuellen Führungs-Vakanzen wird nie öffentlich ausgeschrieben und ist daher über den klassischen Bewerbungsweg unerreichbar. Durch die Direktansprache der jeweiligen Zielgruppe kann ein Großteil dieser Vakanzen identifizieren. Den Markt in eigener Sache nicht aktiv anzusprechen, ist übrigens paradox. Denn dieselben Manager machen genau das für die Produkte und Leistungen der Unternehmen, für die sie verantwortlich sind: Direktansprache!