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Blog "CEO-Bewerbung"

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Ist ein Sabbatical ein Makel im Lebenslauf?

Viele Führungskräfte würden diese Frage wohl mit JA beantworten. Verbinden sie mit einem Sabbatical doch am ehesten eine „Lücke“ im Lebenslauf. Im schlimmsten Fall haben sie Sorge, dass Personalerinnen oder Unternehmensentscheider der Meinung sind: Wer so was macht, ist „kein richtiger Manager“. Das ist die falsche Einstellung!

>> Der Schrecken des Sabbaticals.

Fangen wir mit den Fakten an: Ich erlebe in meiner Beratung (leider) sehr selten, dass Führungskräfte ein Sabbatical in ihrem CV haben. Und je höher jemand auf der Karriereleiter gestiegen ist, desto seltener wird ein Sabbatical im Lebenslauf. Am ehesten wird es „genommen“, wenn es vorher zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kam und durch eine Abfindung genug finanzielle Reserven vorhanden sind. Die Suche nach einer neuen Aufgabe wird dann mit einer gewissen „Auszeit“ verknüpft. 

Während des Jobs eine solche Auszeit zu nehmen, wird in der Wahrnehmung mit durchaus großen Risiken verbunden: Was passiert nach dem Sabbatical? Bekomme ich dann wieder eine adäquate Führungsposition? Oder muss ich mir diese „neu erkämpfen“? Wie sehen mich meine Kolleginnen und Kollegen? Wie sieht mich mein Chef? Werde ich als Vorreiter oder als „Underperformer“ gesehen? Da es zu wenige Rollenvorbilder gibt und es immer auch vom jeweiligen Unternehmen abhängt, sind die Antworten hierauf schwierig einzuschätzen.

>> Der Nutzen des Sabbaticals.

Bis hinzu die nach innen gerichtete Frage: Werde ich mit dieser freien Zeit klarkommen? Und wie verbringe ich sie? Es gibt insbesondere bei Führungskräften viele, die ihre Arbeit brauchen wie Luft zum Atmen. Ohne Arbeit fallen sie in ein Loch. Und was soll dann in der Auszeit passieren? Wofür soll sie genutzt werden? Wer zum Beispiel schulpflichtige Kinder hat, kann nicht einfach auf Weltreise gehen. Dennoch kann für viele eine längere Auszeit nutzenstiftend sein: mehr Zeit für die Familie, kurze Reisen, lange vernachlässigte Hobbies, Fortbildung – Beschäftigungen, die einfach zu kurz kamen und guttun, um den Kopf frei zu bekommen, aufzutanken und neue Perspektiven zu finden.

Einer unserer Klienten hat seinen Job gekündigt und ist auf eine 18-monatige, 22.000 Kilometer lange Radreise um die halbe Welt gegangen. Ein anderer hat den ersten Corona-Lockdown genutzt, um nach seinem Jobverlust mit der Familie durch Osteuropa zu reisen. Die Kinder konnten von überall am Online-Unterricht der Schule teilnehmen. Und ein dritter Manager hat während der Corona-Krise gekündigt und ein Sabbatjahr gemacht, um wieder mehr Zeit für die Familie zu haben. Zugleich hat er dieses Jahr für eine Fortbildung genutzt, die ihm bei der Vermarktung für einen neuen Job geholfen hat.

Es gibt jedoch Situationen, da hat das Sabbatical besonderen Nutzen: Wer kurz vor dem Burnout steht, sollte dringend etwas ändern, möglichst schon bei den ersten Anzeichen. Auch familiäre Gründe können für ein Sabbatical sprechen. Oder einfach das Gefühl, ich kann das Unternehmen mit meinem Einsatz nicht mehr voranbringen, weil ich selbst neue Impulse und Zeit zur Weiterentwicklung brauche. Diese Ursachen müssen nicht zwangsläufig zu einem Sabbatical führen. In vielen Fällen ist ein Jobwechsel die passende Option. Es geht darum sich selbst zu reflektieren und festzustellen, wann es Zeit für eine Veränderung ist. Wenn ich zu dem Schluss komme, dass ich etwas ändern will, sollte ich meine Optionen betrachten. Das Sabbatical kann eine Option sein.

>> Die Vorbereitung des Sabbaticals.

Die Vorbereitung ist aus meiner Sicht das A und O, damit es ein Erfolg werden kann. Wichtig ist, gemeinsam mit der Chefin oder dem Chef nach einer Lösung zu suchen, wer während der Abwesenheit die Aufgaben erfüllt. Da sind Kreativität und gemeinsame Anstrengungen gefordert, zum Teil über den Vorgesetzten und einen selbst hinaus, also vielleicht das eigene Team und / oder Kolleginnen. Um einen Vergleich zu ziehen: Wenn eine Frau oder ein Mann in Elternzeit gehen, kann das durchaus den gleichen zeitlichen Horizont haben, wie ein Sabbatical. Auch in diesem Fall muss eine Lösung gefunden werden, die für alle Beteiligten befriedigend ist und funktioniert.

Übrigens muss ein Sabbatical nicht zwingend ein Jahr lang sein. Einige laden in ein paar Wochen ihren Akku gut auf, bekommen den Kopf frei für neue Ideen und sprühen dann vor Motivation und Einsatzfreude. Andere brauchen tatsächlich ein halbes Jahr oder mehr. Das ist vorher nicht so einfach abzuschätzen. Ich würde empfehlen, die Auszeit nicht zu kurz zu stecken. Sonst gerät man unter Druck, sich ganz schnell „erholen zu müssen“. Das ist dann eine ähnliche Situation wie im Job. Und auch bei der Gestaltung des Sabbaticals sind viele Varianten denk- und machbar. 

Wer ein Sabbatical macht, sollte sich genau überlegen, was er oder sie mit der Zeit machen möchte, durchaus das Sabbatical in unterschiedliche Phasen einzuteilen, in denen sich Müßiggang und Aktivität abwechseln. Ich kenne Manger, die haben eine mehrmonatige Auszeit genutzt, um den Segelschein zu machen, ein Haus eigenhändig umzubauen, ein Buch zu schreiben oder wie oben geschildert mit dem Fahrrad 22.000 km zu bewältigen.

>> Das Sabbatical: Makel oder Mehrwert?

Das hängt von der Einstellung ab, sowohl des „Sabbatical-Nehmers“ wie auch des Unternehmens-Entscheiders. Um das eben schon genannte Beispiel aufzugreifen: Ist die Inanspruchnahme von Elternzeit - vor allem bei Männern – ein Makel? Wenn ein Personaler oder Unternehmensentscheider der Meinung ist, wer so was macht, ist „kein richtiger Manager“, das ist dann einfach der falsche Arbeitgeber. 

Wer mit seinem Sabbatical auf eine moderne Unternehmenskultur mit Entscheidern trifft, die um die Vorteile von Sabbatical und Elternzeit wissen – auch die Vorteile, die daraus für Unternehmen resultieren – wird mit seinem CV punkten. Umgekehrt gilt also: Wer ein Sabbatical (oder Elternzeit) nimmt, sollte sich klarmachen, dass er damit seinen Markt „spaltet“. Ich finde so etwas positiv und hilfreich, gibt es doch frühzeitig ein Signal, ob das Unternehmen mit seiner Kultur und seinem Führungsstil zu mir passt.